Im Wohnzimmer riecht es nach Bienenwachs, Tannnadeln und Zimt. Die Familie versammelt sich um den Weihnachtsbaum. Die Kerzen verströmen ihr warmes Licht und die Freude am alljährlichen Weihnachtsfest erfüllt auch die Seele von – nennen wir sie Frau Stern.
„Singen wir ‚Oh, du fröhliche’?“ Oh ja! Doch dann die herbe Enttäuschung: die Stimme spricht nicht an! Mit etwas Kraft kommt ein Krächzen, das sie jedoch gleich wieder verstummen lässt. Frau Stern ist 65 Jahre alt und in keinem Chor. Sprechen macht ihr keine Probleme, erkältet ist sie nicht, singen tut sie selten, aber an Weihnachten immer. Bis jetzt. In den Tagen nach Weihnachten versucht sie – alleine zu Hause – zu singen. Die Stimme scherbelt, wackelt und die Töne brechen. Sie kann gar nicht mehr singen! Beunruhigt begibt sie sich im neuen Jahr ins SSZZ. Was ist mit ihrer Stimme los? In der Abklärung zeigen sich normale Stimmlippen mit leicht hypotonen Verhältnissen und leicht inkomplettem Stimmbandschluss. Diagnose? Man könnte das ‚Singmangel’ nennen, oder ‚postsingpausalische’ Disphonie. Der muskulär komplexe Gesangsapparat verzeiht je älter wir werden, längere Pausen immer weniger. Die Folge können die oben beschriebenen Symptome sein. Wenn die Stimme nicht gebraucht wird, können sich die Muskeln zurückbilden und dann eben nicht mehr einfach so funktionieren.
Ist eine solche Entwicklung reversibel? Ja, wenn entsprechend wieder geübt wird. Frau Stern wurde durch diese Informationen aufgerüttelt. Sie merkte, wie wichtig ihr das Singen ist. Sie entschloss sich, mit ein paar Gesangsstunden die Stimme wieder aufzubauen und wieder Anschluss an einem Chor zu finden. So hat auch diese Stimmkrise geholfen, das Problem anzugehen und der Singstimme wieder auf die Sprünge zu helfen. Ich wünsche ihr und allen, die das lesen viel und frohes Singen an Weihnachten – und natürlich durch das ganze folgende Jahr!